Dienstag, 19. März 2013

Part 3/3: In 100 Tagen heißt es Abschied nehmen

Abschied nehmen von Istanbul, der Stadt, die mir nun schon seit mehr als einem halben Jahr ein Zuhause ist und immer eine Heimat bleiben wird. Abschied von der Stadt mit den tausend Gesichtern. Abschied von Shoppen am Sonntag, zahlreichen überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln, Simit- und Maronenverkäufern an jeder Ecke, Çay, türkischem Kaffee und Baklava. Abschied vom Marmara Meer, dem Bosporus und Taksim mit der Istiklal. Abschied von dieser wunderbaren, lebendigen, bunten, facettenreichen Stadt, die ich kennenlernen durfte und darf und die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Abschied von ISTANBUL ♥.
(Wenn ihr auf Istanbul klickt kommt ihr [hoffentlich] zu dem wunderschönen Lied Istanbul von Bosses neuem Album Kraniche; Dank an Mama fürs zeigen (: )
Mir bleiben noch 100 von insgesamt 299 Tagen hier. Das letzte Drittel bricht an. Ich glaube zu einem Auslandsjahr lässt sich allgemein sagen: das erste Drittel ist das schwerste, man lernt viel, man ist einsam, man hat Heimweh, alles ist neu, man probiert vieles aus, rennt vor tausend Wände und stolpert über viele Hindernisse und somit ist es auch das Drittel, das am längsten wirkt, doch Austauschschüler sind ehrgeizig und stark und rappeln sich immer wieder auf und machen weiter. Das führt dazu, dass im zweiten Drittel schon alles leichter wird. Man kann die neue Sprache schon etwas, hat sich in eine Familie eingefunden, erste Freunde und ist in der Schule nicht mehr nur "die Austauschschülerin". Man kennt den Ort in dem man lebt, hat einen Alltag entwickelt und die größten Schwierigkeiten überstanden. Und doch gibt es noch so viel zu entdecken und zu lernen. Ich glaube im zweiten Drittel lernt man am meisten Dinge kennen. Im ersten ist es alles noch zu neu, man lebt wie im Rausch, wie in einem Traum, die Wahrnehmung ist beeinträchtigt, doch im zweiten Drittel ist man endlich ganz im Austauschjahr angekommen. Die Realität weist einen mit den Hindernissen, die sie einem in den Weg legt und mit den Glücksgefühlen, die soviel echter und schöner sind als im Traum, immer wieder darauf hin, dass wir uns wirklich im Austauschjahr befinden, dass wir eben nicht nur träumen, sondern all das erleben. Im zweiten Drittel ist einem das endlich klar und man bereit, diesmal mit vollem Bewusstsein, alles zu entdecken. Es gibt natürlich weiterhin Schwierigkeiten, doch es fällt einem leichter diese zu überstehen. Man ist schon gewachsen, reifer geworden und weiß mittlerweile "Ich kann das schaffen!". Die Sprache wird besser, Freundschaften entstehen und man wird langsam ein echtes Mitglied der Familie, was zum einen heißen kann, dass man sich mehr zuhause fühlt, zum anderen aber auch hier und da mal Auseinandersetzungen bedeuten kann, wie in einer echten Familie eben. Ich habe nun das letzte Drittel vor mir und ich weiß nicht, wie es werden wird, doch in einem bin ich mir sicher: Das letzte Drittel ist das kürzeste Drittel. Es wird wie im Flug vergehen.
Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll, bald wieder zurück zu sein, oder traurig sein darüber, dass dieses Jahr, mein Jahr, bald vorbei ist. Ich freue mich auf viele, viele Wiedersehen im Juli und habe Angst vor vielen, vielen Abschieden im Juni. Doch es ist gut zu wissen, dass dies keine Abschiede für immer sind. Ich habe Erinnerungen, die mir keiner nehmen und eine Familie (eigentlich 3, aber ich fühle mich nur bei einer zuhause) und Freunde, zu denen ich immer wieder zurückkehren kann. Mein Auslandsjahr wird nach den 10 Monaten hier nicht einfach vorbei sein, es wird weitergehen, da bin ich mir sicher und das wird mir den Abschied hoffentlich etwas erleichtern! :)

Samstag, 9. März 2013

0815 - ein normaler Tag

Ich bin darum gebeten worden, mal einen normalen Tag von mir zu beschreiben. Versuch ich das doch mal:

Morgens 6.45, Wecker klingelt, ich todmüde, Austauschschüler eben, umdrehen, weiterschlafen, 7 Uhr aufstehen. Duschen/Haare waschen, Schuluniform anziehen, die Küche nach Frühstück durchsuchen und meistens nichts finden. Es gibt in der Regel trockenes Weißbrot - ungetoastet ungenießbar und wir haben keinen Toaster, nur so eine Röstpfanne zum auf den Gasherd stellen und ich weiß nichtmal wo das Teil aufbewahrt wird und bezweifle, dass ich es benutzen könnte - und dazu "beyaz peynir" (weißer Käse) und "zeytin" (Oliven). Ich esse eigentlich fast ausnahmslos alles, aber bei beyaz peynir und Oliven (zum Frühstück) hörts auf. Also im Moment mach ich mir dann meist schnell einen Kaffee (ohne Wasserkocher, das Wasser wird auf dem Gasherd gekocht). Dann Zähne putzen, zu Ende fertig machen und schnell aus dem Haus hetzen, im Gehen noch den Schlüssel und die Zutrittskarte zur Site (Wohnanlage) mitnehmen, auf Socken zum Fahrstuhl laufen, den Knopf drücken und dabei die Schuhe anziehen, runter, hoffen, dass das Autotor offen ist um abkürzen zu können, aus der Site raus und auf den Servis (Schulbus, etwa so groß wie ein Anrufbus, holt die Schüler von Zuhause ab) warten. Im Servis dämmere ich meist noch ein bisschen vor mich hin oder beschwere mich über Whatsapp bei Karo, dass morgens um 8.15 Uhr im Radio im Servis nur Partymusik läuft. Dann Schule: Montags bis Mittwochs 8 Stunden, Donnerstags 6, Freitags 5. Je nach Müdigkeitsgrad und Fach, werden die ersten 2 Stunden gern mit dem Kopf auf dem Tisch verbracht. In den anderen Stunden schreibe ich Tagebuch (und liege im Moment immer eine Woche zurück), übe Türkisch, schreibe gaaanz viel Whatsapp und seit neuem lese ich auch manchmal ein bisschen aus türkischen Büchern. In Biologie schreibe ich mit und kann die Aufgaben nach einem zweiten Mal erklären dann meist verstehen. Im Moment verstehe ich auch Dil Anlatım, das ist "Türkisch - Sprache und Erzählen", wenn man das so übersetzt, bedeutet aber einfach nur, dass man sich da eben mit der Grammatik hauptsächlich auseinandersetzt. In Musik mach ich natürlich auch mit und durfte heute in der ersten Stunde dann gleich mal eine Strophe eines türkischen Liedes alleine singen, hat aber geklappt. Sport würde ich mitmachen, würden wir Sportunterricht machen. Stattdessen sitze ich da meist mit meinen Freundinnen in der Kantine und rede. Manchmal spielen wir etwas Volleyball oder der Lehrer holt mich und Aylin zu sich, schenkt uns Tee ein und fragt uns über unser Privatleben aus. Die Pausen verbringe ich mit meinen Freundinnen oder meinem Freund. Nach der Schule geht es dann entweder mit meinem Freund und seinen Freunden irgendwohin, zu meinem Freund, mit meinen Freundinnen unterwegs oder zur Bushalte, wo es ewig warten auf den überfüllten Kıraç (Stadtteil in dem ich lebe) Minibüs heißt. Wenn ich mit meinen Freundinnen weggehe, so wie heute, dann wird meist nur schnell was gegessen und ein bisschen im D&R shop geguckt. Eine von meinen Freundinnen findet doch immer ein Buch. Danach wird meist noch halbherzig in ein-zwei Klamottenläden geschaut und dann gehen wir auch schon wieder nach Hause. Mit den Freunden meines Freundes läuft das etwas anders normalerweise. Wir sind meist bis abends 11 Uhr, manchmal länger unterwegs und danach werde ich entweder in Begleitung mit dem Minibüs oder sogar mit dem Taxi nach Hause gebracht. Die Nachmittage mit denen werden zum Großteil bei meinem Freund zu Hause, im Tonstudio, in Bars oder teilweise auch draußen verbracht. Wenn ich nicht weggehe, sondern nach Hause komme, dann wird als erstes die Schuluniform aus- und die Jogginghose angezogen. Dann ein bisschen mit der Gastfamilie quatschen, Zimmer aufräumen, Netbook an, Facebook, E-Mails checken, Blog checken/schreiben, Serien gucken, Musik hören + sortieren und so weiter. Manchmal auch zusammen mit meiner Gastmutter und meiner Gastschwester Serien schauen oder mit meinem Gastvater Fußballspiele. Abends gibt es warmes Abendessen, sobald mein Gastvater von der Arbeit kommt. Das Abendessen sind immer mindestens 2 verschiedene Gerichte und von beidem einen ordentlichen Teller. Beim Essen wird ein bisschen über den Tag geredet. In der Regel fragt der Vater nach meinem Tag und es gibt nicht viel zu erzählen und dann frage ich nach seinem und er sagt mir nur, dass er aufgestanden ist, zur Arbeit ist, gearbeitet hat und wiedergekommen ist und meint dann wieder ich solle doch erzählen. Nach dem Essen setzt meine Gastmutter Çay (Tee) auf und der wird vor dem Fernseher im Wohnzimmer getrunken. Gleichzeitig oder ein bisschen später, je nachdem wie hungrig mein Gastvater ist, gibt es Obst, Apfel, Orange, manchmal Birne und manchmal noch andere Früchte. Außerdem ist im Moment ständig die Tochter der Nachbarin zu Besuch um für die Schule zu üben. Sie lernt alles mit meiner Gastmutter, nur Englisch mit mir oder wenn Meltem da ist, mit Meltem. Also seit ein paar Tagen gebe ich abends manchmal Englisch-Nachhilfe auf Türkisch. Ziemlich schwer. Ach und dann habe ich jeden Abend den Plan früh zu schlafen und es klappt NIE. An Wochenenden bin ich auch lang wach, schlafe aber auch bis 12-13 Uhr. Dann gibt es mit der Familie ORDENTLICHES Frühstück. Danach habe ich häufig Termine, Treffen mit Karo und Sönke, Sachen mit der Familie, meiner Gastschwester und ihrem Freund, meinem Freund, usw. Und ich glaube ich bin fertig mit meinem Alltag. Hab sicher tausend Dinge vergessen, aber egal. Wenn ihr Fragen habt, immer wieder gern die Kommentar-Funktion nutzen.

Dann möchte ich mich noch ganz, ganz, ganz doll für über 15.000 Seitenaufrufe bedanken! Ich fühle mich gleich richtig fame :D Nein Spaß, es freut mich einfach zu sehen, dass ich das ganze nicht nur für mich und meine Eltern schreibe, sondern auch andere mitlesen :) DANKE! ♥ Ich habe auch ein 2tes Kapitel für meinen Türkischkurs geschrieben, wenn ihr mögt, könnt ihr ja mal reinschauen. Und nun wünsche ich euch eine gute Nacht und gehe selber Schlafen. Fotos und so kommen ein andern Mal. Bin müüüde! İyi geceler :)♥

Samstag, 2. März 2013

Musik, Musik, Musik :)

Ich verbringe momentan einen Großteil meiner Zeit mit sehr, sehr musikbegeisterten Menschen. Das macht nicht nur Riesenspaß, sondern bringt auch so einige Vorteile mit sich. Zum Beispiel haben diese Menschen es tatsächlich geschafft mich davon zu überzeugen, dass türkische Musik doch gar nicht so schlecht ist. Das hier ist mein türkisches Lieblingslied zurzeit:
 Ich weiß nicht, ob es das Video in Deutschland überhaupt gibt, wegen GEMA und so, aber hoffen wirs doch mal. Der Refrain heißt übersetzt übrigens folgendes: "Um glücklich zu sein, um zu lieben, sieh nicht, hör nicht! Um glücklich zu sein, um zu lieben, weiß nicht, denk nicht zu viel nach!".
Ein anderer Vorteil ist immer wieder Leute um einen rum zu haben mit IMMER Gitarren, manchmal Keyboard/Klavier, manchmal Schlagzeug und schönen Stimmen, die einfach aus Spaß anfangen Musik zu machen. Ich liebe es dann einfach dazusitzen und zuzuhören :)
Vorteil 3 sind Veranstaltungen zu denen ich mitgenommen werde.War schon ein paar mal mit im Studio, einen Abend mit in dar Bar in der Freunde gespielt haben und gestern bei einem großen Wettbewerb, bei dem Gruppen von verschiedenen Schulen, und eben auch von meiner, angetreten sind. Das macht einfach super viel Spaß und ich muss auch sagen, dass ich Musik echt vermisst habe. In Deutschland spiele ich ja Saxophon und singe im Chor und auch gerne laut zuhause vor mich hin, aber das fällt hier alles weg. Saxophon musste in Deutschland bleiben, einen Chor konnte ich nicht finden und zuhause singen ist in Stadtwohnungen auch kaum möglich. Umso schöner ist es jetzt so von Musik umgeben zu sein :)

Achja, vielleicht habt ihr es schon entdeckt, ich habe mal einen Mini-Türkisch-Kurs für euch angefangen. Ihr könnt einfach unter dem Titelbanner auf das Tab "Türkisch für Anfaenger" klicken und landet dann dort. Hoffe es gefällt euch! :)